Autor/-in Dorothee Wierling
Herausgeber/-in Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH)

Mit Rohkaffee handeln.
Hamburger Kaffee-Importeure im
20. Jahrhundert.

Forum Zeitgeschichte, Sonderband
384 Seiten
47 Abbildungen
Hardcover
Format 17 x 24 cm
ISBN 10: 3-86218-103-0
ISBN 13: 978-3-86218-103-2
30.00 €
Mai 2018
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Seit dem späten 19. Jahrhundert war Hamburg das europäische Zentrum des Kaffee-Imports. In der Stadt Hamburg und am Sandtorkai im Hamburger Freihafen befanden sich bis in die 1950er Jahre die Speicher und Kontore von über 200 Rohkaffee-Händlern, die hier auf engstem Raum miteinander kommunizierten, kooperierten und konkurrierten. Die Hamburger Importeure waren die stolzen Vermittler zwischen den Produktionsländern in Übersee und den Konsumenten in Europa, fest verbunden mit den städtischen Eliten, weit gereist in die Kaffeeländer der Welt und gut vernetzt mit den Finanzzentren in London und New York. Die Studie untersucht das ökonomische, soziale und politische Handeln dieser typischen Vertreter des hanseatischen Kaufmannsstandes im Laufe des 20. Jahrhunderts.

Wie veränderten sich unter den Bedingungen dieses Jahrhunderts der Extreme die Orte, Werte und Praktiken der Kaffeehändler? Was wurde aus ihren lokalen Verbindungen und globalen Netzwerken? Und wie bewährte sich das Ideal des »ehrbaren« Kaffee-Kaufmanns? Quellengesättigt und anschaulich erzählt Dorothee Wierling die Geschichte einer Personengruppe, die sich von einer ständischen Gemeinschaft zu einer hart konkurrierenden Branche modernisierte.

Die Autorin Dorothee Wierling, Professorin für Zeitgeschichte (i.R.) an der Universität Hamburg und ehemalige stellvertretende Direktorin der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Seit 2015 Senior Fellow am Zentrum für Zeitgeschichtliche Forschung (ZZF) in Potsdam und seit 2017 assoziierte Wissenschaftlerin an der FZH. Forschungsschwerpunkte: Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

»Wanderer, der du betrittst den Bannkreis von Hamburg, vergiß mir den Sandthorquai nicht, du triffst dort ein seltsam Geschlecht.«
Festmotto des »Vereins der am Caffeehandel betheiligten Firmen«, 1911

»Angelpunkt ihrer [Wierlings] Untersuchung sind die kleinen, grünen Bohnen, die zum Vorschein kommen, wenn die Fruchtschale von den Kaffeekirschen entfernt ist, und sich getrocknet und geröstet auf den Weg zum Verbraucher machen. Was die Autorin eigentlich interessiert, sind die mit diesem Produkt handelnden Menschen. Die vormalige Hamburger Professorin für Zeitgeschichte nimmt mit Importeuren, Maklern und Agenten von Rohkaffee gezielt eine Gruppe einflussreicher hanseatischer Kaufleute unter die Lupe. Ihre Analyse des ökonomischen und sozialen Wirkens dieser angesehenen städtischen Schicht, deren individueller und kollektiver Werte, historischer Erfahrungen und Zukunftserwartungen sucht letztlich eine Antwort auf die Frage: Wie hat sich unter den schwierigen Bedingungen des 20. Jahrhunderts das Ideal des ›ehrbaren Kaufmanns‹ verändert?«
U. Fölsing, FAZ

»Die nicht so ehrbaren Kaffeehändler vom Sandtorkai. Der Sandtorkai im Hamburger Freihafen war bis Mitte des 20. Jahrhunderts Europas größter Kaffeemarkt. Dort herrschten meist patriarchalisch geführte Familienunternehmen mit Geschäftssinn, Dünkel und Ausbeutung. […] Die Rohkaffeehändler, konstatiert Dorothee Wierling, ehemalige Vizedirektorin der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, fühlten sich ›als exklusive Gruppe mit einem ausgeprägten Standesbewusstsein‹; die Historikerin hat jetzt eine Chronik des Hamburger Kaffeehandels veröffentlicht.«
N. F. Pötzl, Spiegel Online

»Es geht um die Bohne… Die Geschichte ›dieser exklusiven Gruppe mit einem ausgeprägten Standesbewusstsein‹ [Rohkaffeehändler] am wichtigsten europäischen Importhafen für Rohkaffee dokumentiert sie [Wierling] auf 384 spannenden Seiten. Der detaillierte Blick auf Akteure und Politik, aber auch auf die ökonomischen Überlebensstrategien nennenswerter Familienfirmen macht den Strukturwandel deutlich. Auch für Zahlen- und Statistikfreunde ein Hochgenuss, denn in dem Werk finden sich Überblickstabellen sowie Schaubilder, die Aufschluss über Versandentwicklungen, Jahreseinkommen und Warenwerte geben.«
Hamburger Wirtschaft

»Dorothee Wierlings Monographie über den Rohkaffeehandel ist gleich in mehrfacher
Hinsicht bemerkenswert: Vor dem Hintergrund des Zwischenhandels mit Rohkaffee in und über Hamburg wagt sie die Untersuchung des Typus des hanseatischen Kaufmannes vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis in die 1970er-Jahre. Entstanden ist dabei eine Untersuchung, die in erster Linie den Untergang des Freihandels im hanseatischen Kaffeegewerbe aufgrund zunehmender staatlicher Regulierungsschübe zum Gegenstand hat. Darüber hinaus zeigt sie das erbitterte Ringen der Hamburger Akteure um die Dominanz über das Kaffeegewerbe angesichts des zunehmenden Bedeutungsverlustes des Zwischenhandels und präsentiert zugleich auch unerlässliche und dezidierte Einsichten in das wohl dunkelste Kapitel des deutschen Kaffeehandels, die Zeit des Nationalsozialismus.«

M. Rudolph, H-Soz-Kult

»Inhaltlich geht es der Autorin nicht darum, eine Geschichte des Kaffees zu schreiben, sondern um ›die Rohkaffeehändler als Fallgeschichte für diese städtische Schicht‹, also um ›die mit diesem Produkt handelnden Menschen‹, insbesondere um soziales und ökonomisches Handeln sowie um menschliche Wertvorstellungen und Verhaltensweisen dieser Berufsgruppe. Man könnte also auch sagen, eine Sozialgeschichte der Hamburger Kaffeehändler. … Dorothee Wierling legt hier ohne Frage eine dichte und engmaschige Beschreibung der Kaffeehändler zwischen 1914 und den 1970er-Jahren vor, die auf zahlreichen Quellen basiert.«
F. Boehlke, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte

»Wierlings Werk ist ohne Zweifel das beste über den Hamburger Kaffeeverein von 1886 bis 1969. … Der regionale Fokus auf Hamburg ist, bedingt durch die Internationalität des Kaffeegeschäfts, mit der Darstellung politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen verschränkt. Die Studie ist quellensatt: Wierling hat insgesamt acht Archive benutzt, drei von Kaffee-Firmen oder -Verbänden sowie fünf staatliche. … Wierlings Stärke ist die Analyse sozialer Zusammenhänge, über die wirtschaftliche und politische Anliegen transportiert werden.«
Zeitschrift für Unternehmensgeschichte
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